CHAPTER FOUR | April 2017

Kategorien Tagebuch

Seit sieben Tagen haben wir Mai und ENDLICH schaffe ich es auch mal, diesen Monat zusammenzufassen. All zu oft überwog in den letzten Tagen der Gedanke: „Ach lass es doch einfach…“ Im Grunde genommen interessiert doch auch niemanden, wie ich meinen Monat erlebt habe, was alles passiert ist und was ich damit anfange, aber ich habe mir dann in Erinnerung gerufen was dieser Blog für mich ist: mein persönliches Erinnerungsalbum. Und sollte das Internet in 20 Jahren von etwas anderem abgelöst worden sein, wäre es vielleicht schon schön, auf den April 2017 mit allen Höhen, Tiefen, Schönwetterperioden und Schneestürmen zurückblicken zu können. Deswegen kommt jetzt – verspätet wie immer- die Geschichte des Aprils.

April April! Was für ein historischer erster April, denn abgesehen von meiner kleinen elfjährigen Schwester hat es dieses Mal niemand geschafft, mich hereinzulegen. Kein Aprilscherz dieses Jahr, dafür aber eine erste Begegnung mit der spanischen Austauschschülerin meiner Cousine. In dieser ersten Aprilwoche besuchten 40 Schüler aus Barakaldo/Bilbao unsere Schule und wohnten bei Spanisch lernenden Schüler aus den Klassenstufen 8-11. Das Mädchen, das bei meiner Cousine wohnt, konnte gleich an den ersten beiden Tagen die deutsche Kultur kennenlernen, weil zwei Familiengeburtstage anstanden. Bestimmt fünf unserer Tanten, Onkel und Großeltern begrüßten die Spanierin mit „Ja jetzad, weats dir et Angscht bei dena vielna Leit!“, woraus ein etwas irritieres Gesicht und ein hilfloses Nicken ihrerseits resultierte. Über die Sinnhaftigkeit eines Sprachaufenthaltes auf der schwäbischen Alb zur Verbesserung der Deutschkenntnisse lässt sich streiten, wobei die deutsche Sprache ja gerade generell etwas…abgeändert wird (Hallo I bims 1 Blogger, lol). Die deutsche Art, den Geburtstag einer Zweijährigen zu feiern, hat der Austauschschülerin aber gut gefallen. Sie war beeindruckt von den vielen Kuchen, die wir zu solchen Anlässen backen, im Baskenland werden laut ihr höchstens gekaufte Fertigkuchen gegessen. Die Verständigung  hat – abgesehen von den breitschwäbischen Zwischenfällen unserer Verwandtschaft- funktioniert, mit Englisch, Spanisch, Deutsch und einem Mischmasch aus allem. Der Vorteil von solchen Austauschen ist eindeutig, dass man zum ersten Mal versteht, wozu man eine Sprache lernt. Das ging mir schon in Taizé so, als ich endlich mal Tag und Nacht französisch reden konnte, und ähnlich verhielt es sich auch mit dem Spanischen. Die Spanier haben unsere Spanischkenntnisse generell sehr gelobt, was wir ihnen irgendwie kaum glauben konnten, wenn wir da so an die Spanisch-Klausuren denken… Am Samstagabend saßen wir dann einfach zusammen – zwei Spanierinnen, drei  Deutsche- haben Wassereis gegessen, Despacito gehört und uns tatsächlich ein kleines bisschen wie in Spanien gefühlt. Dabei haben wir uns viel über die Unterschiede zwischen Spanien und Deutschland unterhalten, die zum Teil wirklich gravierend sind.

Gerade was die Schule betrifft, sind die Einstellungen ganz unterschiedlich. Wir haben das in dieser Schulwoche zu spüren bekommen: dass die Spanier ein anderes, meist viel engeres Verhältnis zu ihren Lehrern haben, wodurch dann auch manchmal der Respekt nachlässt. Zumindest aus unserer Sicht war die Zeit daher oft chaotisch, unorganisiert und nervenauftreibend. Dennoch war es eine interessante Erfahrung, die unseren Horizont insofern erweitert hat, als dass auch in Europa schon große Unterschiede herrschen können. Man sollte davon absehen, Spanier generell als Chaoten zu bezeichnen, aber man muss es im Hinterkopf behalten um manche ihrer Aktionen verstehen zu können. Und Fakt ist, dass uns die Woche auch sehr viel Spaß gebracht hat, egal ob im normalen Unterricht mit zahlreichen Kommunikationsschwierigkeiten oder bei der Fiesta de Despedida , bei der wir uns auch nur GANZ ZUFÄLLIG direkt neben dem Büffet voller spanisch-deutscher Köstlichkeiten positioniert haben. Am Freitagmorgen hieß es dann endgültig Adios, wobei es für die deutschen Schüler eventuell im nächsten Jahr ein Wiedersehen in Barakaldo gibt.

Dann ist in der ersten Aprilwoche, genauer gesagt schon am 02. April noch etwas anderes, für mich sehr erfreuliches passiert. Obwohl mein 18. Geburtstag erst am 03.Oktober, also in gefühlt 327846 Jahren ist, habe ich mein erstes eigenes Auto gefunden! Über einen Online-Markt stießen wir auf ein Angebot in unserem Nachbardorf. So bin ich jetzt die Besitzerin eines polarsilbernen Ford Fiesta, und das obwohl ich von Anfang an gedacht habe: Jede Farbe, bloß nicht silber!

Letztendlich ist die Farbe aber vollkommen egal. Mir bedeutet es einfach nur eine Menge, dass ich nach meinem Geburtstag endlich mobil sein kann. Das ist schwer zu verstehen wenn man in einer Stadt, oder zumindest in einem Ort mit guter Zuganbindung wohnt. Da wo ich lebe, gibt es keinen Zug, nur einen überfüllten Schulbus, der uns jeden Morgen eine halbe Stunde zu früh in der Schule abliefert. Das bedeutet frühes Aufstehen, Frust und eine Fahrkartengebühr, die ich ab Oktober getrost behalten kann. Wenn ich abends weg will, weil ein Großteil meiner Freunde weiter weg wohnen, muss ich immer meine Eltern anbetteln, was weder ihnen noch mir ein gutes Gefühl gibt. Das eigene Auto bedeutet für mich also eine große Erleichterung, und ich weiß wie glücklich ich mich damit schätzen kann. Nicht jeder in unserem Alter verfügt über ein eigenes Auto, das schließlich Unmengen an Kosten mit sich bringt. Also werde ich mich jetzt sicher nicht daran aufhalten, mich über das Silber zu beklagen! Was meinem Auto jetzt noch fehlt, ist irgendein schöner Name, denn das braucht es unbedingt! Wenn ihr Vorschläge habt, sehr gerne her damit 😉

Ein weiteres erfreuliches Ereignis war der Geburtstag meiner kleinen Schwester, und noch viel erfreulicher war, dass sie sich dazu ein chinesisches Essen mit der ganzen Familie gewünscht hat. Vielen lieben Dank! 😉

Das war dann auch schon die letzte Woche vor den lange ersehnten Osterferien, die begannen für mich schon einen Tag früher. Die Reise nach Graz ist, auch wenn ich jetzt zurückblicke, das Highlight des ganzen April für mich. Unglaublich, was man in zwei Tagen- oder eben in 1035 Minuten- alles erleben, sehen und lernen kann! My happy place habe ich Graz auf meiner Sommertinte-Instagramseite genannt, und genau das ist es auch für mich. Ein Ort, an den ich mich immer gerne zurück erinnere, und an dem ich eines Tages hoffentlich wieder stehe und einfach glücklich bin. Die ganze Geschichte könnt ihr hier gerne noch einmal nachlesen.

Graz hat auch in meinem Alltag seine Spuren hinterlassen, und damit meine ich nicht nur die erweiterte Postkartensammlung über meinem Bett sondern auch den Kreis an Menschen, die ich kenne. Mit Marleen, der Gewinnerin des ersten Preises, habe ich inzwischen viel hin und her geschrieben. Ich bin von ihren beiden Siegertexten so beeindruckt, und wenn sie in ein paar Jahren in allen Buchhandlungen vertreten ist, würde mich das kaum noch wundern. Ich bin froh, sie kennengelernt zu haben!

Genauso schön wie die Reise an sich war auch das Nachhause kommen  am Samstagabend, denn ich bin direkt mit meinen Freundinnen auf ein Fest gefahren, wo man – einen Tag nach Ferienbeginn- die halbe Schule wiedergesehen hat. Obwohl ich traditionsgemäß um 00:02 von der Security nach draußen befördert wurde (ich hab einfach kein Glück bei sowas), war es ein sehr schöner Abend, der auch durch das Erschöpfungsgefühl von sieben Stunden Zugfahrt nicht getrübt werden konnte .

Dann begannen die Osterferien, die wohl langweiligsten Ferien meines Lebens, denn ich verbrachte sie größtenteils vor dem Schreibtisch. Meine Seminararbeit, die ich hier schon mehrmals erwähnt aber bis dato noch nicht geschrieben habe, wurde endlich angepackt. So bestand ein Großteil meiner Ferien aus Recherche, Quellenarbeit und Ausformulierung. Fertig bin ich in den Ferien leider nicht geworden, aber ich bin ein großes Stück vorangekommen und dem Ziel „besondere Lernleistung statt mündliches Abi“ etwas näher gekommen.

Zum Glück blieb nebenbei noch genug Zeit, auch den schönen Dingen des Lebens zu folgen. Beispielsweise hatte ich eine schöne Übernachtung mit zwei Freundinnen, während der wir gar nicht zum Film kucken kamen vor lauter Gesprächsstoff, versendete 9324972 Sprachmemos, traf mich mit Zeltlager-Leuten und fror mich zu Tode auf einem Bauwagenfest. Generell das Wetter- was war das denn bitte?! So April wie dieses Jahr war es schon lange nicht mehr.

So verbrachten wir ein wundervolles Osterfest zu winterlichen Temperaturen, aber das Essen schmeckte wie immer vorzüglich und es ist doch immer wieder schön, wenn die ganze große Familie zusammenkommt. Und wenn der Wahnsinn dann wieder für ein halbes Jahr vorbei ist, sind auch alle froh 😉

Gegen Ende der Osterferien fühlte ich mich dann wirklich wie ein Höhlenmensch. Den ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen und nichts anderes denken zu können als HLA-kompatibler Stammzelldonator und Interleukine 7-11 hat mir mehr zugesetzt als ich gedacht hätte. Meinem Rücken übrigens auch, der tut immer noch weh, und ich habe mich kurzfristig gefühlt wie 80. Deswegen war ich sehr froh um das nahende Wochenende, an dem wir alle zusammen weggingen und dem Schulstress für kurze Zeit vergessen konnten.

Nur die Abiturienten blieben brav zuhause und lernten, und dann ging es am 25. April auch schon los, das Abitur. Das Wetter zeigte sich wieder einmal von seiner besten Seite und während wir den Schneeflocken vor dem Fenster zusahen, versuchten wir zu verdrängen, dass es nächstes Jahr wir sein würden die saßen und sich über Agnes´ traurige Geschichte den Kopf zerbrechen mussten. Es ist wirklich kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man denkt dass etwas noch Ewigkeiten anhält. Nur noch ein paar Wochen, dann sind wir die ältesten der Schule, nur noch ein paar Monate, dann beginnt die Lernerei, nur noch ein Jahr, dann sind wir so gut wie weg. Daran zu denken, verursacht ein schauriges Gefühl in mir, das ich besser mit angenehmen Dingen unterdrücken will, beispielsweise mit der Tatsache, dass wir uns jetzt für Lloret angemeldet haben und das Abi folglich auch alle schaffen müssen 😉 Ansonsten war diese letzte Aprilwoche ganz in Ordnung, man spürte überall die Anspannung des Abiturs und wir waren froh, von mehreren Zwölftklässlern zu hören, dass das Abi auch nur halb so schlimm war, wie sämtliche Lehrer immer prognostizieren. Das müssen sie wohl tun 😉

Krönender Abschluss des Aprils ist Jahr für Jahr die Maiennacht. Letztes Jahr habe ich darüber einen eigenen Blogpost geschrieben, wenn ihr euch die Mai-Nacht-Philosophie noch einmal geben wollt, klickt hier. Ansonsten: es war auch dieses Jahr wieder eine wunderschöne Maiennacht. Ausnahmsweise hat das Wetter mitgespielt, sodass meine Freunde und ich schon Mittags ins Fehlatal aufbrechen konnten. Dort gab es erstmal einen kleinen, friedlichen Kampf um die zu dieser Zeit natürlich gut besuchten Grillstellen, aber weil wir ja genug Ortskundige dabei hatten, fanden wir schließlich eine verlassene, direkt an der Fehla gelegene Grillstelle. Begleitet von idyllischer Mundharmonikamusik (fragt nicht) grillten wir (nein, mein ohnehin schon verspotteter Grillkäse ist natürlich nicht abgebrannt), spielten diverse Ballspiele und saßen um das Feuer. Wonderwall wurde dabei genauso oft gesungen wie Kraftklubs Dein Lied, was an der anderen Grillstelle, die wir uns mit ein paar Leuten hätten teilen müssen, wohl semioptimal gewesen wäre.

Wir Mädchen waren uns alle einig, keine von uns hätte einen Maibaum eingetauscht durch diese gelungene Maiennacht. Besser hätte der Mai ja gar nicht beginnen können. Wie er weitergeht? Das weiß ich, wenn ich in einigen Wochen etwas für CHAPTER FIVE schreibe. Das wird auf jeden Fall vor dem 30. Mai passieren, denn das ist der Tag, an dem ich nach langem langem Warten endlich nach Sizilien fliege! 23 days to go…

(Nein, er war nicht der einzige Junge, mit den anderen gibt es nur kein vernünftiges Foto…)

Fast schon traditionell muss ich euch natürlich auch das Neuste von der Kunstfront berichten, das „Etwas“ wird! Wenn man von der völlig unnötigen Hand im Vordergrund absieht, erkennt man mittlerweile doch ein bisschen Kunst – ODER?

Obwohl es in Graz so schön war und der Moment, in dem ich wusste ich bin Besitzerin eines eigenen Autos so verrückt, war der schönste Moment wohl, als wir in der Maiennacht am Feuer saßen und lauthals YOU´RE MY WONDERWALL gesungen haben. Teilweise kennen wir uns alle noch nicht mal ein Jahr, und trotzdem fühlt es sich so an, als hätten wir schon unser halbes Leben zusammen verbracht. Ich bin so froh um das, was vor uns liegt. <3

Aus so manchen kleinen und großen Krisen würde ich hier den Moment wählen, als sich der Zug in Graz in Bewegung setzte und die Bahnhofshalle und die Stadt und Österreich nach und nach an mir vorbei zogen. Viel zu früh musste ich meinen gerade erst gefundenen happy place verlassen, und ich habe keine Ahnung, wann ich wiederkomme. Es gibt vieles, das gerade besser laufen könnte, und alles das konnte ich in Österreich für zwei Tage vergessen. In Relation zu Dingen, die Menschen in meinem Umfeld in diesem Monat passiert sind, ist dieser Moment aber ein Witz. Etwas richtig Schlimmes ist mir Gott sei Dank nicht passiert. 🙂

Today – Williamette Stone

Cómo te atreves- Morat

Despactio – Luis Fondi

True Love- Coldplay

Dein Lied – Kraftklub

Little Hollywood- Alle Farben

Keep me crazy- Sheppard

Geh nicht- Philipp Poisel

Ultralife- Oh Wonder

Green Light- Lorde

 

Mein Name ist Tabitha Anna und ich bin 24 Jahre alt. Ich komme aus dem Süden von Baden-Württemberg und liebe es, zu lesen, zu schreiben und zu reisen. Seit Oktober 2019 studiere ich deutsche und italienische Sprach- und Literaturwissenschaft in Freiburg im Breisgau.