Wenn wir an unsere Kindheit zurückdenken, wird uns bewusst, dass fast jeder von uns einmal das selbe bestimmte Ziel vor Augen hatte: ein Superheld zu sein. Angespornt durch Vorbilder in Abenteuergeschichten und Fernsehserien wünschten wir uns, ebenso stark und mutig zu sein, ein Segen und ein Retter für die Menschheit: ein Held. Auch wenn sich unsere Prioritäten im Laufe des Lebens verschieben, mit dem Erreichen der Volljährigkeit gibt es eine gute Nachricht: wir haben die Chance, ein Leben zu retten. Es braucht keine Heldentat, kein Bärenmut und keine übernatürliche Fähigkeit.
Was tagtäglich von uns unbemerkt in unserem Knochenmark vorgeht- der faszinierende Vorgang der Hämapotoese- macht uns zum Helden – und einen totkranken Menschen wieder gesund.
Alle 15 Minuten erhält ein Mensch in Deutschland die Diagnose Blutkrebs. Eine Untergruppe dieses, alle bösartigen Bluterkrankungen beschreibenden Begriffs, ist die Leukämie. Sie hat ihren Ursprung in der Bildung der Leukozyten. Je nachdem ob es sich um eine myeloische oder eine lymphatische Leukämie handelt, gerät die Weiterbildung der myeloischen beziehungsweise lymphoide Vorläuferzelle außer Kontrolle. Es entstehen unreife weiße Blutkörperchen, Blasten, die sich rasch vermehren und verbreiten und somit die reguläre Blutbildung verhindern. Es kommt zu einem Überschuss an Leukozyten, während in viel zu geringem Maße Erythrozyten und Thrombozyten hergestellt werden. Einer Leukämie wirkt man primär meist mit einer Chemotherapie entgegen. Die eingesetzten Zytostatika erkennen die sich rasant vermehrenden fehlgesteuerten Zellen und bekämpfen diese. Zusätzlich wird manchmal auch eine Bestrahlungstherapie eingesetzt. Nachteil dieser Behandlungsmethoden ist, dass neben den bösartigen Krebszellen auch andere, sich schnell teilende Zellen angegriffen werden. So wird der Patient durch die Therapie zusätzlich belastet und die Gefahr von Spätfolgen steigt.
Steht fest, dass eine Chemotherapie die Leukämie nicht heilen kann, und besonders wenn nach erfolgreicher Chemotherapie ein Rückfall festgestellt wird, kommt häufig die Stammzellenspende zum Einsatz. Ziel ist es, das kranke Immunsystem des Patienten gegen ein neues, aus fremden Stammzellen gebildetes Immunsystem auszutauschen. Grundlage hierfür ist ein Stammzellenspender, dessen Gewebe-Merkmale möglichst genau mit denen des Patienten übereinstimmen. Je ähnlicher sich Spender und Empfänger in ihren Gewebemerkmalen sind, desto geringer ist das Risiko einer Abstoßungsreaktion.
Besonders Menschen mit Migrationshintergrund haben Schwierigkeiten, einen geeigneten Stammzellenspender zu finden, da sich ihre Gewebe-Merkmale von den typischen mitteleuropäischen Merkmalen unterscheiden kann. Egal wie alt eine Person ist, woher sie stammt und welche Erkrankungsgeschichte hinter ihr liegt: Jeder Mensch sollte die Chance auf Heilung erhalten. Zwar beinhaltet auch die Stammzellentransplantation und vor allem ihre vorausgehende Hochdosis-Chemotherapien viele Strapazen und Herausforderungen, doch oft ist sie die einzige Chance für Leukämie-Patienten.
Dem Spender stehen vergleichsweise weniger Strapazen bevor: 80 Prozent der Spender durchlaufen eine sogenannte periphere Stammzellenentnahme, das heißt ihnen wird in einer Art Dialyse-Sitzung Blut entnommen. Maschinen filtern die mittels vorangegangener medikamentöser Therapie im Blut angereicherten Stammzellen heraus und führen das Blut direkt in den Körper zurück. In der Regel dauert die Prozedur 3-6 Stunden und erfolgt ambulant in einer speziellen Entnahmeklinik. Je nach Gesundheitszustand / Erkrankung des Patienten kann es auch erforderlich sein, dass die Stammzellen dem Spender direkt aus dem Beckenknochen entnommen werden. Hierbei ist eine circa 45-minütige Operation in Vollnarkose nötig.
Ein Held werden binnnen einem Tag: es kann so einfach sein. Die entnommenen Stammzellen bilden sich innnerhalb weniger Wochen nach. Was bleibt ist das gute Gefühl, einem Menschen das Leben gerettet zu haben und die Vorfreude auf ein eventuelles Treffen mit dem genetischen Zwilling, das nach einer zweijährigen Anonymitätsfrist möglich ist.
Die Aufklärungsarbeit, die die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) in sozialen Netzwerken und öffentlichen Sendern leistet, trägt bereits einen großen Teil dazu bei, dass sich mehr Menschen als Stammzellenspender registrieren lassen. Das große Ziel ist es, eines Tages für jeden Blutkrebspatienten einen passenden Spender zu finden.
Das alles weiß ich, weil ich mich in den letzten vier Wochen genau damit beschäftigt habe: Hämatopoese, Leukozyten, Zellzyklus – Blutkrebs. Ursprünglich ging es nur darum, eine möglichst gute Bio-GFS zu erstellen. Letzte Woche habe ich sie gehalten und wurde mit 14 Notenpunkten belohnt- was mich sehr gefreut hat. Aber das war nicht einfach irgendeine GFS, denn das Thema hat mich wirklich gepackt und es wird mich auch noch weiter begleiten, denn im Juni 2017 werde ich meine Seminarprüfung zum Thema Stammzellentransplantation machen.
Auf meine Registrierung habe ich schon lange vor meinem 17. Geburtstag hingefiebert, und ich kann nicht einmal genau sagen wieso. Offiziell aufgenommen wird man in die Spenderdatei erst, wenn man 18 Jahre alt geworden ist. Von diesem Tag an kann man Stammzellen spenden – wenn man für jemanden in Frage kommt.
Ich hoffe sehr, dass das bei mir irgendwann der Fall sein wird. Ich finde die Vorstellung so schön! Dem Krebs die Stirn bieten, ein Leben retten, vielleicht sogar einem Kind ermöglichen, diese Welt überhaupt erst kennenzulernen – wenn das keine Heldentat ist.
Wenn ihr mindestens 17 Jahre alt seid, dann wäre jetzt https://www.dkms.de/de die perfekte nächste Internetadresse die ihr eingebt. Von dort aus könnt ihr euer Registrierungsset anfordern und die Registrierung bequem zuhause durchführen. Meine eigene Registrierung habe ich mal gefilmt, viel Spaß dabei und alles Gute euch!
Lasst uns Helden sein, Mund auf, Stäbchen rein- Spender sein.