Start ins Inselleben | Sicilia e Eolie ep.1

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Lange lange ist es her, da lag ich in meinem Bett im kalten Deutschland und träumte davon, irgendwo in Süditalien von einem Boot in den türkisblauen Ozean zu springen, oder im Ascheregen eines aktiven Vulkanes zu stehen, oder 11 000 Metern über dem Boden aus dem Fenster zu sehen, wo die Wolken Schatten auf die Erde werfen oder – nein, nichts davon habe ich wirklich geträumt, weil ich keines dieser Ereignisse wirklich erahnen konnte, bevor ich losgeflogen bin, nothing to lose and a world to see – ich konnte es kaum erwarten.

Der Flug | Dienstag, 30.05.2017

Drei Worte beschreiben meine Verfassung an diesem Morgen: excited, vorfreudig – und todmüde. Meine Nacht bestand aus etwa vier Stunden Schlaf, zurückzuführen auf mein traditionelles Hormonchaos am Abend vor der Abendreise. Wieso kann ich eigentlich nie eine Reise antreten, ohne vorher tränenreich Abschied von meinen Mitmenschen, meinem Leben und insbesondere meinem weichen, warmen Bett zu nehmen, als würde ich garantiert nie wieder zurückkehren? Allerdings habe ich mich darüber in meinem spontanen letzten Blogpost schon genug ausgelassen.

Am Morgen der Abreise ging es mir mental jedenfalls wieder supergut. Wir fahren insgesamt zu zwölft: unsere beiden Lehrer, fünf Mädels und fünf Jungs. Wir alle haben uns letztes Jahr um die Zeit mehr oder weniger freiwillig dazu entschieden, uns in der Oberstufe dem Fach Geographie zu widmen, wobei die Aussicht auf eine geniale Exkursion natürlich überhaupt gaar keine Rolle gespielt hat. Dass ich nach einem Jahr und einem Monat zum ersten Mal wieder geflogen bin war für mich schon Highlight Nummer 1 der Reise, und im Vergleich zu diversen chinesischen Innlandsflügen war der zweistündige Flug von Stuttgart nach Catania Erholung pur.

Flug über den Alpen: natürlich war ich diejenige, die ständig am Fenster hing und später ganze Schifffahrten damit verbringen durfte, ihren Kameraspeicher von unnötigen, sich komplett gleichenden Wolkenbildern zu befreien.

Übrigens landeten wir dann sogar eine Viertelstunde FRÜHER in Catania als geplant, was vermutlich daran lag, dass der Landeanflug dermaßen rasant war. Erfreulich, wenn man Achterbahnfahren mag, SCHRECKLICH wenn man sich normalerwiese nicht mal auf den „Marienkäferexpress“ in der Bärenhöhle traut – in Klammer ich.

Von oben betrachtet sieht Sizilien übrigens aus wie eine Wüste, es ist extrem trocken und ausgedorrt, aber je näher wir Catania gekommen sind, desto grüner und bewirtschafteter war die Landschaft. Und ja, ich glaube ich habe es noch nicht ganz geschafft, von der geographischen Berichterstattung abzukommen.

 

Ankunft in Nicolosi, dem schönsten, hundereichsten Dorf der Insel

Menschen, die beim Verreisen auch nur das geringste Bisschen mitdenken, markieren ihren schwarzen Standard-Koffer mit einem Anhänger, einem Aufkleber oder einem anderen auffälligen Detail, bevor sie ihn zum Flug aufgeben. Da ich nicht zu diesen Menschen gehöre, waren meine ersten Minuten in Sizilien geprägt von Nervosität am Fließband. Letztendlich habe ich meinen Koffer vor allem daran erkannt, dass der Griff daran beim Rausziehen klemmt – welch positiver Nebeneffekt.

Draußen empfing uns die Hitze  – und zwei Charterbusse, die uns zu unserer Unterkunft in Nicolosi bringen sollten. Die Fahrt dauerte eineinhalb Stunden und ungefähr so lange hielt auch der Lachanfall der männlichen Teilnehmer in unserem Auto an. Irgendwann fragte ich meine Freundin Celina, worüber genau sich die Jungs eigentlich amüsierten. Sie deutete nur entnervt aus dem Fenster: „Die meinen den Verkehr!“ Tatsächlich: die Tatsache dass Sizilianer aus einspurigen auch gerne mal zweispurige Kreisverkehre machen und über die geeignete Situation zum Überholen keine Sekunde zu lange nachdenken übte eine äußerst große Faszination auf die Jungs aus. Immerhin: wo Aggressivität und offensive Fahrweise Pflicht sind, um im Straßenverkehr zu überleben, ist der Führerschein wahrscheinlich leicht zu bekommen. Wie schade, dass wir damit – bis auf wenige Ausnahmen – schon fertig sind.

Blick vom Balkon im B&B Alfio Tomaselli: im Hintergrund ist auch das Meer zu  sehen

Nicolosi ist ein kleines Dorf direkt unterhalb des Ätna-Gebietes. Es liegt auf etwa 700 Metern, weshalb auch die Hitze nicht allzu groß ist. Hier erreichten wir unsere erste Unterkunft, das B&B Tomaselli. Liebevoll von Pina und Alfio Tomaselli geführt, hätten wir uns für unsere erste Etappe kein schöneres Zuhause wünschen können! Aus Faulheit der Jungs, nicht noch eine Treppe weiter nach oben zu steigen, bekamen wir fünf Mädchen das Dachappartement mit Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bad und Küchenecke. Wir waren hellauf begeistert!

Drei Dinge die wir gleich am ersten Tag lernten: erstens, in Nicolosi sind die Hunde ÜBERALL, und sie begrüßen dich auch ganz freundlich, wenn du an ihrem Garten vorbei läufst. Dass ich vor lauter Schreck nie in ein fahrendes Auto gesprungen bin ist alles, für den Rest der Exkursion war ich die Witzfigur sobald irgendwo ein Hund in der Nähe war. Toll, danke aber auch. Lektion zwei, für die Menschen dort sind wir wandelnde Geldscheine. Das jedenfalls ist die pessimistische Art, die Gastfreundlichkeit und Offenheit der Sizilianer in den Eisdielen und Restaurants zu interpretieren. Bei unserer ersten Tour durch das Dorf wurden wir sofort in eine Gelateria gewunken , wo eine Kugel drei Deutschen entsprach und wir uns wie im Himmel fühlten.

Drittens, kaufe nie ein Getränk von dem du nicht weißt, was drin ist. Einer der Jungs, Linus, hat diese, im wahrsten Sinne des Wortes bittere Erfahrung gemacht. Wir kamen daraufhin alle in den Genuss, von seinem Getränk zu kosten.

Zwischenstopp an einem Brunnen: rechts im Bild ist das berühmt berüchtigte Bild zu sehen

In einer kleinen Seitenstraße kamen wir auf die Idee, ein „Vorher“-Bild unserer Beine zu machen, um am Ende der Exkursion feststellen zu können, wer am Braunsten geworden ist. Bis zur Auflösung dauert es noch eine Weile 😉

Nach einem Großeinkauf in Nicolosis Spar bereiteten wir in unserer kleinen Küche das Abendessen zu. Es gab – wie könnte es anders sein – Nudeln mit Tomatensoße, Pilzen und Mais. Dank gewissen Anmerkungen zum Thema Mais im Verdauungsprozess schmeckte das Essen gleich noch ein bisschen besser – nicht.

Der erste Tag endete mit Werwolf, Dreieck spannen und der Insel Keinikeinu auf dem Balkon. Wir hatten eine Menge Spaß und waren uns alle sicher: die folgenden 9 Tage werden genauso werden.

 

>>>COMING SOON: IM ASCHEREGEN

Mein Name ist Tabitha Anna und ich bin 24 Jahre alt. Ich komme aus dem Süden von Baden-Württemberg und liebe es, zu lesen, zu schreiben und zu reisen. Seit Oktober 2019 studiere ich deutsche und italienische Sprach- und Literaturwissenschaft in Freiburg im Breisgau.