Mein Leben in 1696 Worten

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Ich lebe!

Mit jeder Berührung meiner Finger mit dieser Tastatur wird mir bewusst, wie sehr mir das gefehlt hat, einfach drauflos zu schreiben ohne alles fünf Mal zu hinterfragen. Mein virtuelles Erinnerungsalbum wird in diesen Zeiten ziemlich vernachlässigt, obwohl es definitiv viele Bilder, Texte und Gedanken gäbe, die es sich lohnt, festzuhalten. Trotzdem muss ich gerade alle meine Energie in die Herausforderungen stecken, die mir in den nächsten Wochen bevor stehen: ich schreibe mein Abitur!

Lernupdate – (Über)leben in der Prüfungszeit

Ich hatte meine ganze Schulzeit über großen Respekt vor der Abiturprüfung, ihrem Umfang, ihrer Wichtigkeit. Anfang der zwölften Klasse schien der 18. April 2018 zwar immer noch weit weg, aber ich stellte mich dennoch mental darauf ein, mein Leben ab März gänzlich dem Lernen widmen zu müssen. Besonders die Osterferien vor dem Abitur habe ich mir immer so ausgemalt, dass ich von morgens bis abends am Schreibtisch sitzen und diszipliniert lernen werde. Ich dachte, dass ich bestimmt öfter in Tränen ausbrechen würde, und die Nervosität vor den Prüfungen ab dem ersten Tag, an dem ich dafür lerne, nicht mehr abschütteln kann. Sagen wir so: ich hatte etwas Angst vor dieser Zeit.

Heute kann ich diese Befürchtungen beruhigt widerlegen. Ich habe die letzten Wochen tatsächlich keinen einzigen Tag nichts gelernt, aber der Prozess an sich ist viel angenehmer, als man es sich vorstellt, bevor man damit angefangen hat. Vielleicht liegt es daran, dass wir auf der Zielgerade sind, und dass neben den Abiturprüfungen an sich auch die schöne Zeit danach immer näher rückt, und uns anspornt, alles zu geben. Ich habe pro Tag höchstens sechs Stunden gelernt, und bin mit dem Stoff für Deutsch, Englisch und Geographie dennoch fast durch. Was zwei Tage vor dem 18.04. auch wirklich von Vorteil ist. Davon, wie viel ich mich nach meinem Geographie-Abitur am 23.03. dann noch mit meiner besten Freundin, der Mathematik beschäftigen muss, reden wir heute aber lieber nicht.

Ich bin nicht aufgeregt. Das hätte ich nie von mir gedacht, dass ich so kurz von den bisher wichtigsten Prüfungen meines Lebens so entspannt bin. Trotzdem kann ich nicht abstreiten, dass mir im Deutsch-Abitur vor allem meine eigenen hohen Erwartungen zu schaffen machen. Deutsch ist mir einfach nie schwer gefallen, und deswegen würde es mich umso mehr ärgern, wenn dann in der Prüfung, die viel mehr zählt als die Klausuren der vergangenen zwei Jahre, doch etwas grundlegend schief gehen würde. Gerade was den Essay angeht, bin ich mir extrem unsicher. Ich kann nicht auf Knopfdruck so gut schreiben, wie es etwa bei den Kurzgeschichten oder Texten ist, mit denen ich einigermaßen zufrieden bin. Sie alle sind aus Erlebnissen und Emotionen entstanden, nicht aus der Ambition eine gute Note beziehungsweise eine positive Kritik von jemandem einzufahren. Aus diesem Grund werde ich mich wohl eher für die Kurzprosa-Interpretation entscheiden. Ich hoffe, ich verlange am Mittwoch nicht zu viel von mir selber und schaffe es, am Ende zufrieden aus dem Raum zu gehen.

Vielleicht schaffe ich es, nach jeder Abiturprüfung einen kurzen Blogbeitrag zu schreiben, hauptsächlich damit ich in zehn Jahren mitleidig auf mein damaliges Ich zurückblicken kann… 😉

Schöne Zeiten mit meinen liebsten Freunden

Meine Vorstellung, in der Abi-Lernzeit zu vereinsamen und die Mentalität eines Höhlenmenschens anzunehmen, hat sich glücklicherweise auch nicht bestätigt. Wir waren sehr schlau, uns mit gemeinsamen Aktivitäten wie einem Fotoshooting, Essen gehen und Fester von der Lernerei des Tages abzulenken. Es ist einfach schön, Zeit mit den Menschen zu verbringen, die gerade genau das Selbe erleben und die selben irrsinnigen Gedanken haben. Gleichzeitig bin ich auch froh, mit den Freundinnen etwas zu unternehmen, die eben nicht Abi schreiben und mich folglich auch mal auf andere Gedanken bringen. Meine beste Freundin stand eines Tages vor der Tür und hatte ein riesengroßes Paket in der Hand, das mit allem gefüllt war, das ich gerne esse und einem Beutel voller kleiner Motivationen – danke danke danke!

Gestern habe ich mich mit der Mädelsgruppe aus meinem Jahrgang getroffen, und wir haben uns gegenseitig die Charakterisierungen vorgelesen, die wir in den letzten Monaten für das Abibuch geschrieben haben. Wir waren so gespannt! Die Stimmung war äußerst ausgelassen und wir lachten über beinahe jeden unserer (misslungenen aber trotzdem einzigartigen) Sätze, besonders natürlich die Person um die es ging und die den Text zum ersten Mal hörte. Ganz ohne Tränen verging der Abend aber nicht, und während wir da zu elft um den Tisch saßen und eine Runde heulten, fragten wir uns unter Tränen lachten, wie wir unter diesen Umständen nur den Abiball überlebten sollten.
Ich kann es jetzt schon sagen, aber dieser Satz wird hier auch noch oft fallen: ich bin so froh um meine Schulzeit! Sie hätte schöner nicht sein können und ich kann es kaum erwarten, die nächsten Wochen als krönenden Abschluss dieser Zeit zu feiern und in vollen Zügen zu genießen.

Zukunftsausblicke

Auch wenn diese Wochen heute noch vor mir liegen, weiß ich dass sie schneller vergehen werden als ich es mir im Moment vorstellen kann. Ich muss unvermeidbar in die Zukunft sehen und diese auch endlich planen. Eines kann ich mit hundertprozentiger Sicherheit sagen: ich werde nicht gleich studieren, schon alleine weil ich gar nicht wüsste, was.

Wenn ich am 07. Juli mein Abizeugnis in den Händen halten werde, freue ich mich erst mal auf eine Woche in Rom Ende Juli / Anfang August. Mitte August fahre ich dann zurück nach Graz und anschließend nach Leibniz auf Schreibzeit – eine Woche schreiben, was gibt es Schöneres.

Wenn alles so funktioniert, wie ich mir das vorstelle, werde ich dann im September aufbrechen zu der längsten Reise, die ich bisher hatte. Einen ganzen Monat werde ich mit dem Stipendium für zis-Studienreisen auf meine geliebten Liparischen Inseln zurückkehren und mich dort mit den Zukunftsperspektiven der Jugendlichen dort beschäftigen. Zis vergibt dieses Stipendium aber nur  dann endgültig, wenn meine Reiseplanung realistisch ist und sie sicher sein können, dass ich dort in Ermangelung einer Unterkunft nicht auf der Straße landen könnte. Ich weiß also was ich in den nächsten Monaten zu tun habe: Kontakt aufnehmen, Fahrten und Schiffe organisieren und gaaanz viel Italienisch lernen. Über Christi Himmelfahrt werden diese Reisepläne hoffentlich noch ein genaueres Gesicht annehmen, denn an diesem Wochenende treffen sich die letztjährigen Stipendiaten und die diesjährigen Anwärter auf Schloss Salem am Bodensee. Das kann ich kaum erwarten!
Weiter in die Zukunft kann und will ich auch nicht blicken, aber wenn doch, sehe ich ganz weit entfernt ein Schild nach PANAMA, und ich hoffe dass dieses mit genauso schnellen Schritten näher kommen wird wie das Abitur es im letzten Jahr getan hat.

Europäischer Literaturwettbewerb in Graz

Letztes Jahr gab es auf diesem Blog einen langen Text darüber, was mir auf meiner abenteuerlichen Reise nach Graz alles passiert ist und wie sehr ich es genossen habe, die steiermärkische Landeshauptstadt einmal ganz kennenlernen zu können. Das ganze Jahr über musste ich immer wieder an diese 1035 Minuten Graz zurückdenken. IIch wusste, ich musste einen guten Text für den nächsten Wettbewerb schreiben, um diese großartige Chance noch einmal zu bekommen. Ich habe intensiv an meinen Einsendungen gearbeitet und meine Erwartungen dennoch so gut wie möglich klein gehalten. Um so GLÜCKLICHER war ich, als mich im Januar die Nachricht erhielt, beim Europäischen Literaturwettbewerb den zweiten Platz errungen zu haben. Für mich stand völlig außer Frage, die ersten beiden Tage der Osterferien in Graz bei der Preisverleihung zu verbringen, Abi hin und her. Diese Entscheidung bereue ich keineswegs, weil ich die circa 20 Stunden in Graz unglaublich genossen hatte und so gestärkt an den Schreibtisch zurückkehren konnte (rede ich mir zumindest ein).

Im Gegensatz zu meinem Bericht letztes Jahr gibt es aber kaum etwas zu erzählen – weil alles eigentlich perfekt war. Diesmal begleitete mich meine Mutter, der Zug in Riedlingen fuhr überpünktlich ab, wir fanden jedes Gleis auf Anhieb und kamen mit lediglich fünf Minuten Verspätung in Graz an. In dem Moment, in dem ich aus dem Zug stieg und in der großen, futuristischen Bahnhofshalle stand, tickte meine Uhr, und ich war fest entschlossen, JEDE EINZELNE SEKUNDE zu genießen. Das habe ich auch geschafft. Von der Stadttour quer durch Graz- die Steirische Landesbibliothek zu finden war eine reinste Odysse – über die Preisverleihung bis hin zu den Stunden am Samstagmorgen war alles wunderschön. Bei der Preisverleihung traf ich ein Mädchen wieder, das ich 2015 auf meiner ersten Schreibzeit kennengelernt hatte. Wir sahen uns erst, als wir beide zum Vorlesen aufgerufen wurden, und so grinsten wir uns erst einmal an und sagten „Hallo!“, bevor ich zu lesen begann.

In diesen Minuten war ich in Gedanken so sehr an dem Ort, an dem die Idee für die Geschichte entstanden ist, aber zu ihr kann ich dieses Mal nur sagen: man muss nicht alles öffentlich teilen und manchmal entstehen aus den fragwürdigsten und ehrlichsten Gegebenheiten die besten Geschichten. Diese wird wohl immer mein persönlicher Schatz bleiben, und ich bin ihr sehr dankbar, dass sie mich zu meinem Happy Place zurückgebracht hat!

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Auf dem Schlossberg war ich dieses Mal mit der Schlossbergbahn – deutlich angenehmer als über die Treppe! Weil die Preisverleihung zwei Wochen früher stattfand als 2017 blühte Graz dieses Mal noch nicht so schön, aber ich fand den Ausblick trotzdem super und hätte auch noch fünf Stunden länger dort oben bleiben können. Weil es dann aber doch noch ein unnötiges Zugdilemma gegeben hätte, habe ich das aber lieber gelassen 😉

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Viel zu schnell stand ich wieder am Bahnhof und nahm erneut Abschied. Nicht nur von Graz, sondern auch vom Europäischen Literaturwettbewerb, der mir jetzt vier Mal eine große Freude bereitet und viele Möglichkeiten gegeben hat. Zu schade dass ich ab nächstes Jahr zu alt bin!

Ich bin nur gottfroh, dass ich schon in vier Monaten nach Graz zurückkomme und dann auch noch eine ganze Woche mit der Literaturwerkstatt habe, bevor ich ihr endgültig den Rücken zukehren muss. Das wird so traurig werden!!


Das also ist zur Zeit mein Leben. Es könnte deutlich schlimmer sein! Und es war schön, alles mal wieder runterzuschreiben, auch wenn ich nicht glaube, dass meine sentimentalen Ergüsse irgendjemandem weitergeholfen haben. Falls ihr doch bis an diese Stelle durchgehalten habt: ich verspreche euch, wenn ich nach dem Abi wieder ein Leben habe, wird dieser Blog auch wieder voller sein! Ich kann es kaum erwarten und wünsche jedem, der das hier liest, den schönsten Frühlingsanfang den man sich vorstellen kann 😉

Abitur 2018 – let´s go for it!


 

Mein Name ist Tabitha Anna und ich bin 24 Jahre alt. Ich komme aus dem Süden von Baden-Württemberg und liebe es, zu lesen, zu schreiben und zu reisen. Seit Oktober 2019 studiere ich deutsche und italienische Sprach- und Literaturwissenschaft in Freiburg im Breisgau.