Zwischen all dem Trubel mit China und Bloggen und allem gibt es in meinem Leben auch noch ein kleines Nebendetail, das sich Schule nennt, und die hat mich in den letzten vier Tagen gekonnt in die Realität zurück katapultiert. Gestern hat in Baden-Württemberg das Abitur begonnen und das hat man natürlich auch bei uns gemerkt. Ich war soo neidisch, als die Abiturienten heute nach überstandenem Mathe-Abi in die Aula gekommen sind!! Bald haben sie es geschafft mit der Schule, und ich stecke längst noch in einem ganz anderen Problem: der Kurswahl.
Vor einem Jahr hatte ich noch keinen blassen Schimmer, wie die Oberstufe auf Gymnasien aussieht, abläuft und funktioniert. Ich wusste nur schon ganz genau, dass Physik ab der elften Klasse meiner schulischen Vergangenheit angehören wird. Eigentlich wusste ich schon, dass ich Physik abwählen werde, bevor wir es überhaupt bekommen habe.
Nachdem wir dieses Jahr näher über alles informiert wurden und schlussendlich den Durchblick hatten, stand im Februar die Vorwahl an. Ich bin schon immer eher der sprachlich-begabte Typ gewesen, deswegen habe ich in der achten Klasse auch Spanisch als Profilfach gewählt. Leider habe ich relativ schnell gemerkt, dass Spanisch so überhaupt nicht meine Sprache ist. Ich komme mit Französisch tausend Mal besser klar, und habe dank meiner DELF A2 Prüfung in Klasse 8 eventuell auch einen kleinen Vorsprung. Ich mag Französisch so gerne, dass ich es am liebsten den ganzen Tag reden würde, wofür mich allerdings mein komplettes Umfeld hassen würde. Deswegen war für mich sofort klar, dass Französisch neben Englisch mein zweites von drei Neigungsfächern wird.
Das fünfte Hauptfach stand bei mir vor der Vorwahl noch kurzfristig in den Sternen. Ich habe zwischen Bio, Geschichte und Geo geschwankt. Nach drei Unterrichtsstunden über die klassische Genetik nach den Mendelschen Gesetzen war Bio dann raus. Unser Lehrer ist wirklich mega nett und versucht, uns alles so verständlich wie möglich zu erklären, aber ich bin (wieder einmal) zu dem Schluss gekommen, dass ich für Naturwissenschaften einfach nicht geschaffen bin. Geo ist aus selbigem Grund rausgeflogen, obwohl es eigentlich zu den Geisteswissenschaften zählt und besonders das dritte und vierte Halbjahr mit der anthropologischen Geographie mega interessant klingt.
Geschichte wurde mein fünftes Hauptfach, und damit war ich richtig glücklich. In der siebten und achten Klasse bin ich in Geschichte regelrecht aufgeblüht. Klar, manche schütteln jetzt den Kopf, aber ich sehe das so: wenn wir nicht wissen, was damals passiert ist, können wir die Dinge nicht verstehen, wie sie heute sind, und wir laufen in Gefahr, die selben Fehler noch mal zu machen.
Wie dem auch sei, ich habe meinen Bogen abgegeben, Englisch, Französisch und Geschichte, die für mich perfekte Kursstufe.
Kurswahlergebnisse- oder: der große Schock
Exakt zwei Tage vor meinem Abflug nach China war es einen schönen Morgens soweit: die Vorwahlergebnisse hingen aus. Bääm. Der Schock kam nicht unerwartet (kann ein erwarteter Schock ein Schock sein?), denn mir ist schon früher zu Ohren gekommen, dass Französisch ungefähr niemand gewählt hat. Trotzdem wollte ich abwarten, zumal mir ein Kumpel aus der Elften schon gesagt hat, dass viele gar nicht sagen, dass sie Franz gewählt haben (peinlich und so). Die bittere Gewissheit: genau 3 Leute haben Franz gewählt. 3 von 86. Damit war klar: Franz kommt nicht zustande. Nix zu rütteln, in der richtigen Kurswahl wird das Fach gar nicht mehr zur Option stehen. Ihr denkt ich spinnt jetzt, wenn ich sage, dass ich fast geheult habe. Mon francais! Je l´adore, je ne peux pas arreter de parler le francais! (nein ich mache keine Fehler, meine Tastatur hat nur die Akzente nicht 😉 )
Schock Nummer 2: Geschichte steht mit 4 Leuten ebenfalls auf der Kippe. Erforderlich, damit ein Kurs zustande kommt, sind eigentlich 15 Schüler. Neben Geschichte stehen auch Geo, Gemeinschaftskunde und Sport in den Sternen. Der Grund, dass diese Kurse alle so schlecht belegt sind, ist das Fach Wirtschaft, das in unserer Stufe sage und schreibe 37 Leute gewählt haben. Ich kann es nachvollziehen, aber für mich würde Wirtschaft auf keinen Fall in Frage kommen.
Grundsätzlich ist ja auch jedem freigestellt, wie er sein Abi zusammensetzen möchte, aber dass die Kurswahl so ausfällt, hat trotzdem für viel Wirbel gesorgt. Unsere Lehrer haben mit uns über Zukunftsgedanken, Mut zur Ausgefallenheit und Verantwortung geredet, und auch über die Zerstörung von Vielfalt. Sie haben uns ermutigt, in uns zu gehen, und dann das für uns Richtige zu wählen.
Was soll ich sagen, ich bin in mich gegangen und habe dort festgestellt, dass für mich das Richtige Geschichte und Französisch ist. Super! Das hilft mir doch gleich weiter.
Hasta luego Spanisch?
Während China war mir die Kurswahl sooo egal, aber jetzt war es an der Zeit mich damit abzufinden, dass ich Französisch durch Spanisch ersetzen werde und im Falle dass es Geschichte nicht schafft, Geo wählen werde. Leider ist genau das Gegenteil passiert. Mit jeder Stunde wird mir klarer, dass ich keine zwei Jahre Kursstufe mit Spanisch aushalte. Ich mag die Sprache nicht, ich verstehe die Grammatik nicht, mich interessiert die Geschichte nicht. Was will ich denn dann bitte in diesem Kurs?
Also wieder umdisponiert. Alle Hoffnungen auf Geschichte setzen, Geo dazu wählen. Mit einer Fremdsprache durchs Abi, und zwei Fächern, die zumindest mal eine Menge Allgemeinwissen vermitteln. Mein Hintergedanke: ohne das Lernen von Spanisch kann ich mich zumindest noch in meinem Alltag mit Französisch beschäftigen, damit ich es nicht vollkommen verlerne.
Und jetzt, wo ich diesen winzigen Hoffnungsstrahl am Ende des dunklen dunklen Kurswahltunnels hatte, macht mir das Kurswahlprogramm einen Strich durch die Rechung und teilt mir mit: geht nicht, wenn ich als viertes Fach Geschichte haben muss das fünfte entweder eine Sprache oder eine Naturwissenschaft sein. Geo ist eine Geisteswissenschaft. Ich habe geheult.
Jetzt sitze ich hier, und habe keine Ahnung, was ich tun soll. Alles, was ich versuche, klappt nicht. Kein Franz, kein Geo, vermutlich auch kein Geschichte, nur Bio mit seinen verwirrenden Mendelschen Gesetzen, Spanisch mit Worten die für mich nach Matsch klingen und Wirtschaft, das Fach das mich von allen am wenigsten interessiert. Viele Lehrer haben mir geraten, die Schule zu wechseln. Ein Fach als Kompromiss, ok, aber eine komplette Kurswahl die nicht zustande kommt? Ich muss an meine Zukunft denken, sagen sie. Sage ich. Sagen alle.
Schule wechseln- alles aufgeben?
Meine Eltern überlassen es mir, was ich tun soll. Ein Schulwechsel wäre theoretisch kein Problem, aber praktisch ein Alptraum. Ich liebe meine Schule. Klingt vielleicht schrecklich, aber so ist es. Ich habe hier die besten Freunde überhaupt, ab nächstes Jahr zwei Schwestern und drei Cousinen. Ich bin hier so verwurzelt, hab mich auf so viel gefreut, den Oberstufenraum, die SMV-Tagung (unsere SMV ist so genial) und die Fahrt nach Taizé. Für mich war immer klar dass ich hier mein Abi machen will, und wenn ich sehe, wie viel Spaß unsere Abiturienten gerade haben, bestätigt das meinen Wunsch noch mal mehr.
Anderseits habe ich Pläne und Leidenschaften. Ich möchte mich stilistisch verbessern, was französische Texte angeht, möchte den Nationalsozialismus vertieft kennenlernen und ein Abi mit eins komma Schnitt schaffen. Ich möchte es wirklich so, so sehr. Ich möchte eigene Wege gehen, meine Zukunft ebnen, alles aufsaugen, was ich kann.
Was ist wichtiger? Leben im Jetzt- mit meinen Freunden, Taizé und und und- oder Vorbereitung für die Zukunft, indem ich auf einer anderen Schule Französisch und Geschichte habe?
Ich bin ratlos, und wenn ihr euch dieses Gejammer bis jetzt durchgelesen habt, dann Respekt. Und dann zählt ihr garantiert auch nicht zu meinem täglichen Umfeld, das kann meine Kurswahlproblemchen nämlich nicht mehr hören und hätte den Blogpost schon nach zwei Sätzen geschlossen 😉
Zu einem Schluss gekommen bin ich durch diesen Beitrag nicht, aber er hat mir irgendwie geholfen, alles loszuwerden. Vielleicht wird die Kurswahl überbewertet, vielleicht auch nicht. Vielleicht gehe ich, vielleicht bleibe ich.
Der Himmel ist blau.
Ich hoffe, bald kommt eine Wolke und zeigt mir den Weg.