Wenn man gewohnheitsmäßig durch den News Feed eines sozialen Netzwerks scrollt, mit den Gedanken eigentlich wo anders, fällt es leicht, manche Posts schlichtweg zu übersehen, auch wenn sich derjenige, der ihn veröffentlicht hat, seinen Teil dazu gedacht hat und vielleicht eine Botschaft zu vermitteln hat.
Heute jedoch bin ich auf ein Bild gestoßen, dass mich kurz innehielten ließ.
Quelle: zdfheute Offizieller Instagramaccount
Erst auf den zweiten Blick wird die Lage ersichtlich. Zwei junge indische Männer haben sich IN einen Abflussschacht begeben, um einen Gullideckel anzubringen, der die Bewohner Mumbais von einem Sturz ins Kalte bewahren soll. Ihren Gesichtsausdrücken und einem Moment logischen Denkens zufolge ist diese Aufgabe alles andere als angenehm oder einfach zu bewältigen.
Nun ist der Monsun ein Indien nicht unbekanntes Phänomen. In der Schule lernt man, dass die wiederkehrenden Regenfälle auf die Verschiebung der Innertropischen Konvergenzzone zurückzuführen sind und genauso verschwinden, wie sie gekommen sind. In diesem Sinne scheint die Bezeichnung Naturkatastrophe fehl am Platz- aber dennoch haben die Menschen jedes Mal aufs Neue mit den Auswirkungen und Folgen des Monsuns zu kämpfen.
Ein kurzer Blick auf das aktuelle Weltgeschehen lässt uns den Atem stocken: schwere Erdbeben in Mexico und immer neue Hurrikane an der Atlantikküste der Vereinigten Staaten. Auch diese treten sozusagen traditionell auf: eine mehrmonatige „Hurrikansaison“ gab es auch 2016 und 2015, wird es auch 2018 und 2019 geben. Für Bewohner der karibischen Inseln und zahlreichen Staaten der Ostküste bedeutet diese Saison vor allem eines: Angst, Zerstörung, Verluste, nicht nur materiell. Die Atlantische Hurrikansaison 2016 forderte insgesamt 1600 Menschenleben. Die Zahl der Erdbebenopfer von Mexiko ist auf über 220 gestiegen.
Selten wird uns so bewusst, was die Natur für uns bedeutet: Lebensspender und Freund, aber auch Feind. Sie hat mehr Zerstörungskraft als wir uns vorstellen können, und irritiert durch den Klimawandel werden sich uns die größten Ausmaße seit jeher erst noch bieten. Bis sie so stark sind, dass sich selbst der amerikanische Präsident vielleicht irgendwann nicht mehr beruhigt vom Fenster abwenden kann, mit den Worten: „Das sind alles ganz natürliche Schwankungen des Klimas.“
Wenn sich die Natur scheinbar gegen uns stellt, wenn ausgerechnet am 32. Jahrestag eines schweren Erdbebens in Mexiko die Erde erneut vibriert, dann braucht es Menschlichkeit, vereinte Kräfte, wie die beiden Inder, die im Schweiße ihres Angesichts für die Sicherheit einer ganzen Stadt sorgen.
Gegen die Natur können wir nichts ausrichten, da hilft nur Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft. Das funktioniert aber nicht, wenn wir weiterhin und immer und immer wieder mit Dingen hadern, die in ihrem Kern behebbar sind: Geldgierigkeit, Fremdenhass, Intoleranz, Versessenheit und Terrorlust. Für eine idealistische, noch nicht mit dem wahren, harten Leben konfrontierte Siebzehnjährige wie mich wirkt es fast ironisch, dass in meinem Land Flüchtlingsunterkünfte angezündet werden, während am anderen Ende der Welt unkontrollierbare, durch die Hitze ausgelöste Waldbrände wüten. Dass sich bei der Googleeingabe von „Hurrikan“ die ersten fünf Einträge auf das norddeutsche Festival beziehen. Dass so viele Menschen denken sie würden durch einen Selbstmordanschlag mit weiteren 100 Toten in den Himmel kommen, nicht durch Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft. Dass wir uns mit aus Langeweile entstandenem Hass gegenüber allem, was nicht uns entspricht, beschäftigen, anstatt aktiv zu werden. Und dass ich genauso bin, wie der Rest.
Texte wie diese nützen nichts. Die Erde in Mexiko bebt genauso wie zuvor, und die Stürme hören nicht auf. Vielleicht helfen sie am Ende nur einem selbst, um sich über sein Glück, aber auch über seine Aufgaben auf dieser Welt wieder etwas mehr im Klaren zu sein.