Pura Vida Costa Rica | Backpacking in Zentralamerika

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Wir waren vom 31. Dezember bis zum 04. Januar in Costa Rica und haben dort drei verschiedene Orte, besondere Menschen und den einen oder anderen Papagei kennengelernt. Sonst noch Fragen?

San José, Costa Rica

San José ist die Hauptstadt von Costa Rica, und das ist alles, was ich bisher darüber wusste. Hauptstädte, dachte ich immer, sind Hauptstädte geworden, weil sie besonders sind. In Hauptstädten sollte sich das Land widerspiegeln, in dem sie stehen. Und als die Maschine von Santo Domingo nach San José im Morgengrauen des 31. Dezember den Sinkflug einleitet, denke ich, dass ich diese Stadt lieben werde, so schön wie sie mit ihren Lichtern und zwischen zwei Bergketten daliegt.

Mein Herz klopft wie wild, als ich den Backpack vom Laufband nehme und langsam begreife, was hier gerade passiert. Okay, denke ich also, du und dein bester Freund seid gerade alleine nach Zentralamerika gereist. Schaut gefälligst, dass ihr die nächsten vier Wochen überlebt!

Vor dem Flughafen umfängt uns kühle, klare Morgenluft und Vogelgezwitscher, so laut dass es beinahe den Verkehr übertönt. Bienvenido a San José…

Der Stadt, für deren Erkundung man im Durchschnitt drei Stunden benötigt. Es gibt dort eine Main Road, in der einige Geschäfte stehen, die wir auch aus Deutschland kennen. Dann noch das Nationaltheater (geschlossen, in jedem Moment in dem wir davor stehen), das historische Postgebäude und eine große Kirche. Und dann gibt es noch den Zoologischen und Botanischen Garten, den Jan ausfindig gemacht hat.

Ich würde fast sagen dieser Zoo ist mit seinen vielen Pflanzen und Blüten der schönste Fleck Erde in der ganzen Stadt. Wir sehen ihn deshalb gleich zwei Mal, zahlen insgesamt 10 Dollar und fühlen uns besser als in der schweigenden, in der Hitze brütenden Main Road. San José, wird mir klar, ist keine Hauptstadt wie ich sie bisher gekannt habe. Keine Skyscraper, keine Straßenbahn, keine Sicherheit. Einheimische raten uns, die Main Road nicht zu verlassen, und was wir auf ihr sehen, ist auch so schon schmerzhaft genug . Menschen am unteren Rande des Existenzminimum, die in der prallen Sonne liegen, entweder weil sie nicht anders könnnen oder weil sie es so wollen, zumindest in irgendeiner Form beachtet und beleuchtet. Es tut mir ganz einfach weh, ihre Wunden zu sehen, auf ihrer Haut und die innen, und diese Hilflosigkeit auf mir zu spüren wie einen großen, schweren Mantel, der viel zu teuer ist und viel zu warm. In San José krachen Leben aufeinander, die nicht einmal beide als „Leben“ bezeichnet werden dürften, weil sie so unterschiedlich sind. Es klingt so egoistisch, zu sagen, dass ich froh bin, San José zu verlassen, während andere bleiben, für immer und ewig in Armut, während meine Reise der purentige Wohlstand ist. Ich habe keine Lösung gefunden, damit umzugehen, außer weiterzuleben und dankbarer zu sein, für das Glück das ich habe, und für zweieinhalb trotz allem schöne Tage in San José.


Überhaupt wird San José zu einem bedeutungsträchtiger Ort für uns. Wir feiern dort den Jahreswechsel, wobei das Wort Feiern absolut falsch gewählt ist. Um siebzehn Uhr Ortszeit sehen wir uns tapfer sämtliche Happy new year Stories an, versuchen, uns von leicht angetrunkenen Sprachnachrichten unserer Freunde anstecken zu lassen und versichern uns gegenseitig, dass wir noch hunderttausend Mal Silvester in Deutschland feiern können, aber eben nur dieses eine Mal in Costa Rica. Um 22 Uhr Ortszeit schlafen wir tief und fest – danke Jetlag. Aber ich habe mit 2018 abgeschlossen, schon bevor ich überhaupt losgeflogen bin. Ich empfinde so viel Dankbarkeit für dieses Jahr dass es von mir aus auch niemals hätte vorbei sein müssen. Und dann werde in dem kleinen Hostelzimmer davon wach, dass draußen auf dem Balkon die Menschen herunterzählten. TEN, NINE, EIGHT… THREE, TWO, ONE… Ein Feuerwerk explodiert hoch über San José, ein Jahr verblasst, ein neues legt sich als weißes Tuch über diesen Teil der Erde. Die Zeit bleibt nicht stehen. Danke, ist alles, was ich noch denke.

G Adventures happy people

Eine weitere Lektion von San José: ein Ort ist immer nur so gut, wie die Menschen, die bei einem sind. Wir haben in San José 14 Menschen kennengelernt, mit denen wir die nächsten 14 Tage gereist sind. Das ist das besondere an der Agentur G Adventures : du reist mit einer Gruppe von Menschen die die selbe Route ausgewählt haben, und mit einem ausgebildeten Guide, der in aller Regel aus dem Reiseland stammt. So wie unser Guide, Ernyk, der in Costa Rica aufgewachsen ist. Zu Ernyk passt am besten der Spruch : Do small things with great love, denn daraus besteht buchstäblich sein Leben. Zu der G Adventures Gruppe „Panama Experience“ passt überhaupt kein Spruch, und ich weiß auch nicht, ob man die so in Worte fassen kann, dass irgendjemand versteht, was ich meine. Kurzgefasst : wir kamen aus der Schweiz, Deutschland, Kanada, Italien und England, wir waren 19, 24 und 31 (und noch so einiges dazwischen) und im echten Leben hätten wir wohl niemals zusammen gefunden. Wieso auch?

Aber in unserer America Dream Bubble werden wir Freunde, travel buddy’s und vielleicht ein Stückchen Familie. Besonders Mama Maike, Onkel Marco und ihre Kinder natürlich. Was hätten wir bloß ohne euch gemacht?

In diesen zwei Wochen konnten wir uns auf uns verlassen, egal was war. Mit dieser Gruppe wurde jede noch so missliche oder brisante Situation wieder ein Stückchen besser, und es ist schön zu wissen, dass uns das jetzt verbindet.

Thank you all so so much guys!!

Durch den Regenwald auf dem Pacuare River

An Tag 1 dieser Reise stehe ich in Frankfurt und kämpfe mit dem schaurigen Gefühl, meine warme, weiche Komfortzone in Deutschland zurückzulassen. An Tag 3 dieser Reise sitze ich auf einem Raft irgendwo in Costa Rica, Lichtjahre entfernt vom Ende meiner Komfortzone. Sechs Stunden lang durchqueren wir gemeinsam mit den Jungs von Exploradores den Regenwald, den Pacuare River und die eine oder andere Stromschnelle. Zwischen stetig wechselnder Todesangst und Ekstase erlange ich eine neue Erkenntnis.

Damit das Raft seinen Kurs behält, muss abwechselnd die linke und die rechte Seite paddeln. Wenn auf der rechten Seite ein Hindernis, etwa ein großer Felsbrocken, näherkommt, muss die rechte Seite umso mehr paddeln, um auszuweichen. Unser Guide kündigt das mit „Right side GO!“ auch sehr deutlich an. Bei mir setzt im gleichen Moment aber immer eine lähmende Panik ein, ich lasse das Paddel sinken und mache mich darauf gefasst, jede Sekunde mit voller Wucht gegen den Felsen zu krachen. Ich kann von Glück sagen, dass Cassie und Louise neben mir tapfer weitermachen, sonst wäre diese Vorstellung vermutlich irgendwann Realität geworden. Unserem Guide entgeht mein Verhalten nicht, und an einer seichten Stelle des Flusses wendet er sich zu mir. „Wenn wir aufhören zu paddeln,“ sagt er ruhig, „bedeutet das, wir geben auf. Und wenn wir aufgeben, dann crashen wir den Felsen. Zu einhundert Prozent. Wenn wir stattdessen alles geben, bis zum letzten Moment, dann besteht eine große Chance, dass wir es ohne Probleme an dem Felsen vorbei schaffen.“

Er behält jedes einzelne Mal recht. Wann immer ein Felsbrocken in rasender Geschwindigkeit auf uns zuzukommen scheint, wiederholte ich seine Worte wie ein Mantra in meinem Kopf. If we stop, it means we´re giving up.

Vielleicht gelten Gesetzmäßigkeiten wie diese nicht nur auf dem Pacuare River. Vielleicht sagt uns das ziemlich viel über das Leben, wie wir es führen können und wie es besser wird. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich schon oft angstvoll auf einen Felsen gestarrt, während ich dagegen paddeln hätte können.

Puerto Viejo de Talamanca, Costa Rica

Puerto Viejo de Talamanca ist eine kleine Stadt im Süden Costa Ricas. Sie liegt direkt am Atlantik, ist ein Hotspot für Surfer und Backpacker, und genauso wie ich mir das vorgestellt habe. Die Straßen werden von bunten Häusern und Shops gesäumt, von irgendwoher spielt immer Musik und auf bemalten Holzbrettern sind die Strände ausgeschildert. Abends steigen in den Freiluftbars beim shipwreck beach wilde Reaggea-Partys, die bis zum Morgengrauen dauern. Dann füllen sich die Straßen wieder mit Menschen, Katzen und rostigen Fahrrädern. Die kann man sich ausleihen und damit den Strand entlangfahren, vorbei an selbstgezimmerten Verkaufsständen, Obstmärkten und Cafés. Unter anderem auch dem weltbesten Café namens Bread&Chocolate. Jeder, der dort einmal im sanften Wind des Deckenventilators auf der Veranda saß und einen Oat Pancake mit Früchten genossen hat, wird mir zustimmen dabei.

Hinter dem Ortsschild von Puerto Viejo beginnt unmittelbar der Regenwald. Hoch über unseren Köpfen schwingen sich Affen hin- und her und geben sonderbare Geräusche von sich. So lauthals, dass schnell mal die ganze Straße verwundert den Kopf hebt.

Hinter diesem Regenwald, am Playa de Cocles, ist keine Menschenseele mehr zu sehen. Du bist dort alleine, mit dir und den Wellen, die manchmal unberechenbar schnell ans Ufer rollen.


Hier verbringe ich viele Stunden mit Maike, wir liegen im Sand, machen Fotos und weil die Stimmung so dazu passt, fange ich an, Soul Surfer von Bethany Hamilton zu lesen. Ein Buch das sich lohnt, nicht nur wenn man sich in einer Stadt befindet, in der jeder zweite Einwohner Surfer zu sein scheint.

Für mich ist Puerto Viejo der Ort, an dem ich langsam begreife, was hier eigentlich passiert. Wie weit weg ich bin und wie anders mein Leben hier ist und für die nächsten Wochen sein wird. Die Spannung überzieht meinen ganzen Körper mit Gänsehaut, auch noch bei 30 Grad im Schatten. Das Abenteuer hat gerade erst begonnen, und ich genieße das Gefühl.🌸

Mein Fazit zu Puerto Viejo: Wer traumhafte Strände, typisch karibische Flair und riesige Wellen sucht, ist hier goldrichtig. Für Surfanfänger, meint unser Guide Ernyk, sind die Wellen oft zu groß, aber wer schon etwas fortgeschritten ist wird sie lieben. Auch außerhalb vom Wasser gibt es hier zahllose Dinge zu entdecken, wie die vielen Straßenstände, Geschäfte und Cafés, den Regenwald direkt hinter dem Ortsschild und eine Siedlung von Ureinwohnern, die etwa 30 Minuten Autofahrt von Puerto Viejo entfernt Touristen empfangen und ihnen ihre Bräuche und Kulturen vorstellen. Zu beachten ist, dass es nach Einbruch der Dunkelheit ratsam ist, den Strand zu meiden und auch innerhalb der Stadt nicht mehr alleine herum zu laufen. Puerto Viejo ist hier aber kein Ausnahmefall, in ganz Costa Rica ist bekannt, dass an nächtlichen Stränden schlimme Dinge passieren können.

Nichtsdestotrotz, wer auf der Suche nach PURA VIDA ist, der wird es hier finden.

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Mein Name ist Tabitha Anna und ich bin 24 Jahre alt. Ich komme aus dem Süden von Baden-Württemberg und liebe es, zu lesen, zu schreiben und zu reisen. Seit Oktober 2019 studiere ich deutsche und italienische Sprach- und Literaturwissenschaft in Freiburg im Breisgau.