Inseltrip: Murano, Burano, Torcello, Venezia

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Once a month, go somewhere you´ve never been to

Lautet ein Spruch, und weil ich ihn so aufrüttelnd finde, habe ich ihn auch befolgt. Diesen Sommer allgemein schon ( ich war davor noch nie in Krakau, Myslowice und Bad Salzuflen), aber vor allem gestern, Freitag den 26. August.

Nur, ich muss zugeben ich lüge ein bisschen wenn ich sage dass ich da noch nie war. Das erste Mal waren wir hier in Italien da war ich gerade einmal 5 Jahre alt. Meine Eltern dachten zu diesem Zeitpunkt noch, dass es sich bei dem Aufenthalt in Marina di Venezia um eine einmalige Sache handeln wird und dass wir die nächsten Jahre an anderen schönen Orten dieser Welt sein würden (was ja wohl eher schief ging, 11 Jahre später und wir sind immer noch hier 😉 )

Weil sie eben davon ausgingen, waren sie der Meinung uns so viel wie möglich zeigen zu müssen, und nichts liegt hier näher als eine Inseltour. Ich finde wenn man den Namen „Adria“ hört fällt einem nichts ein außer Strand, Pool und wieder Strand und das den ganzen Urlaub lang. Dabei gibt es hier so unglaublich schöne Plätze, dass ich es selbst kaum glauben würde, wenn ich sie nicht selber in den letzten Jahren gesehen hätte. Die kleine Stadt Treporti und ihre besonders schöne Kirche, ein alter Luftschutzbunker mitten im verwilderten Feld, der Leuchtturm am Ende der Landzunge, und vor allem der Sonnenuntergang inmitten der venezianischen Lagune, wo Autostraßen längst aufgehört haben zu exisiestieren. Wir haben einfach am Ende der Straße geparkt und sind weitergelaufen, in ein Paradies, dass ich wohl nie wieder verlassen hätte, hätte ich damals nicht so Hunger gehabt. Hunger auf ein Eis á la Zupa-Inglese im PiacerMio versteht sich.

Und dann sind da eben noch die Inseln: Torcello, Murano, Burano und St. Michele. Die Landzunge Lido und natürlich über allem die Lagunenstadt Venedig. Die schönsten Schätze Norditaliens, und meine Schwester und ich durften sie im stolzen Alter von 3 und 5 Jahren entdecken.

Weil wir uns an diese Sehenswürdigkeiten seltsamerweise nur noch gedämpft erinnern können ( ist es nicht ein verrückter Gedanke dass es eine Zeit gab, in der wir nicht lesen und schreiben konnten?!) und weil meine jüngste Schwester damals noch im Bauch meiner Mutter weilte, war es diesen Sommer an der Zeit, das Ganze nochmal aufzufrischen. Ein Tag weniger im Wasser, einen Kiloemter weniger den ich hätte schwimmen können ( leider ) und einen Tag auf dem Schiff und auf den Inseln. Wir starteten zu nachtschlafender Zeit ( na gut es war neun) an der Anlegestelle in Punta Sabbioni auf unser erstes Boot. Insgesamt waren wir zu 14.: meine Familie, die Familie meines Großcousins und widerum die Familie von seinem Cousin – kaum verwirrend 😀 Die armen Mit-Passagiere, bestimmt waren sie ziemlich verstört von uns, wobei ich die meiste Zeit stumm aus dem Fenster aufs Meer gestarrt und nebenbei die Ohren gespitzt habe. Drei Mal dürft ihr raten wieso – ja klar, neben mir waren zwei Franzosen im Gespräch 🙂

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Vor lauter Französisch-Entzugserscheinungen (unglaublich aber wahr, auf Marina scheint KEIN EINZIGER Franzose zu weilen!) habe ich mich gar nicht damit befasst, auf welche Insel wir als Erstes zusteuerten, von daher war es sowas wie eine Überraschungsfahrt. Aber kurz vor dem Ziel wusste ich sofort, wo wir angekommen sind. Burano ist unverkennbar in seiner Buntheit und – das muss man einfach so sagen – an seiner Schönheit. Wirklich. Jedes Haus ist in einer anderen knalligen Farbe angestrichen, die Bewohner schrecken vor nichts zurück, nicht einmal vor neongrün. Deswegen sieht die Insel aus wie ein strahlender, bunter Farbtupfer im ewigblauen Meer.

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Wir sind durch die Gassen und am Kanal entlang gelaufen und haben gemacht, was Touris halt so machen. Angeschaut, gestaunt, fotografiert .

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Mein Vater hat dieses Bild gemacht und erst danach ist uns aufgefallen, dass die Taube am unteren Bildrand gerade wohl eine Eingebung hat, oder eine Erscheinung oder…gruselig!

Burano ist geprägt durch den schrägen Kirchturm, woraufhin wir uns mit der philosophischen Frage befasst haben, wieso der schiefe Turm von Pisa so bekannt ist und der schiefe Kirchturm von Burano nicht. Wir fanden übrigens trotz eingehender Überlegung keine Antwort, wenn ihr eine habt dann gerne her damit! 🙂

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Weil wir so früh morgens da waren ( nachtschlafende Zeit und so ) hatten wir die Insel praktisch für uns, zumindest was andere Touristen anging. Ähnlich verhielt es sich auch bei unserer nächsten Insel: Torcello. Auf der kurzen Schifffahrt zwischen Burano und Torcello erklärten uns die Erwachsenen unserer ach so kultivierten Reisegruppe ( wobei die Erwachsenen sogar wirklich ziemlich kultiviert waren ), dass Torcello sozusagen das alte Venedig ist, und das auf dieser Insel einst 2000 Menschen lebten. Die sind dann alle ausgewandert, sodass jetzt noch ganze 50 Leute übrig sind. Torcello war viel früher da als Venedig – eigentlich unfair, dass es jetzt trotzdem als „die verlassene Insel“ gilt. Ich betrat „die verlassene Insel“ mit einem mulmigen Gefühl, dass aber schnell wieder verschwand als ich bemerkte, dass Torcello soo verlassen gar nicht ist. Wir begegneten beispielsweise einem Pfadmusiker ( sorry aber Straßenmusiker hätte einfach nicht gepasst bei den Beschaffenheiten) mit Akkordeon – was für eine interessante Berufsmöglichkeit. Wer ist schon Akkordeon-Spieler auf Torcello?

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In einem Restaurant kauften wir uns ein Eis und ich muss schon sagen, das Kellnerteam ( circa 9 Leute), das gerade beschäftigungslos an einem der Tische lungerte war äußerst erfreut über die Abwechslung.

Ich war auch erfreut – ich habe nämlich direkt neben dem Restaurant meine persönliche Brücke entdeckt. Ja ok, ich sollte sie teilen mit den anderen 730493456 Teufels aus meinem Ort ( wir nehmen fast eine halbe Seite des Telefonbuchs ein!) aber als ich das Schild:

PONTE DE DIAVOLO

entdeckte, fühlte ich mich doch sehr persönlich angesprochen. Deswegen hieß es erstmal: Fotoshooting 😉

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Die ersten Eindrücke von Torcello waren eigentlich nur: Kanal, Pfad + Pfadmusiker, Restaurant, Brücke, WALD. Aber irgendwann waren wir dann wohl im Zentrum von Torcello, was bedeutete dass wir eine Kirche, eine Säule sowie einige andere historisch aussehende Gebäude vorfanden.

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Ich gebs zu, ich habe mich nicht wirklich damit befasst, aber die Kirche war von innen wunderschön, und ein Säulenbild habe ich jetzt auch. So als Geschichte 4-stündig Ersatz 😉

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Wir verließen Torcello auf dem selben Pfad, auf dem wir gekommen waren, nur dass uns jetzt Ströme von Touristen entgegen kamen. Sowohl der Pfadmusiker als auch die Kellner sahen ziemlich glücklich aus.

Torcello ist seltsam- ohne Touristen ganz ruhig, mit Touristen ein skurriler Ort. Ich weiß nicht, ob ich da leben könnte, mit 50 Leuten auf einer Insel, aber vielleicht kommt es auch einfach darauf an mit welchen Menschen. Mir würde es, glaube ich, nicht gut dabei gehen, jeden Tag in der Einsamkeit aufzuwachen, den Tag über von Touris mit Selfiesticks umgeben zu sein, und abends wieder verlassen zu werden. Die Touris drehen sich um, denken sich „Auf Nimmerwiedersehen“ und verschwinden, nach Hause, nach Deutschland, nach Japan. Nur du bleibst und siehst Tag für Tag den selben Wald. Komisch irgendwie.

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Es blieb kaum Zeit für mehr Gedanken, wir erreichten nämlich Murano, und hier war schon einiges mehr los. Murano ist die Insel der Glasbläser. Lange Zeit war es so, dass ihre Bewohner die Insel nicht verlassen durften, wenn sie die Kunst der Glasbläserei beherrschten. Zum einen, weil man sie für die Produktion brauchte, zum anderen aus Angst, sie würden das Geheimnis der Glasbläserei weitergeben.

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Kunst- das trifft es. Glasproduktion auf Murano hat nichts mit der Massenverarbeitung von schlichten Trinkgläsern zu tun, die dann in alle Welt exportiert werden.

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In den zahlreichen mal kleinen mal großen Läden gibt es alles , was man sich an Glas vorstellen kann. Glastierchen, Glasbonbons, Glaslampen, Kerzenhalter, Aquarien, Bilderrähmen, Skulpturen und und und. Das alles natürlich für Preise, die klarmachen wie aufwändig und filigran die Arbeit der Glasbläser ist. Viele Läden bieten Vorführungen an, bei denen man den Glasbläsern live zusehen kann. Fotos und Videos sind leider überall verboten, die Muraner wollen ihre Einzigkeit bewahren. Gott sei Dank, hier herrscht nämlich wirklich eine ganz besondere Atmosphäre. Zum Glück besitzt Murano auch einige sehr gute Imbiss-Läden, sonst wäre ich wohl leider zwischendurch verhungert. Und pssst, wer ganz aufmerksam ist findet neben den etwas teureren Delikatessenläden auch einen SPAR – den wohl verborgensten SPAR der Welt 🙂 Ich dachte wir finden nie wieder da raus!

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Haben wir dann glücklicher Weise aber doch, und so ging es weiter, in eine der bekanntesten Städte Italiens: Venedig. Darüber erzähle ich lieber nicht all zu viel, ihr wart bestimmt selbst schon mal da, und nachher schreibe ich nur irgendwas Falsches, das wäre dann peinlich 🙂

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Falls ihr nicht dort wart, könnt ihr versuchen anhand der Bilder den Zauber dieser Stadt in euch aufzunehmen, aber ich sage euch ehrlich das ist schwierig. Ich finde man muss da gewesen sein, um das Gefühl von Venedig zu bewahren, die an den Hafen schwappenden Wellen, die Leute überall, kleinste Gassen, tausend Brücken und Tauben, wo immer man hinsieht Tauben, die eigentlichen Bewohner der Lagunenstadt. Es ist leicht, sich zu verlaufen, aber genau das muss man tun, um sich selbst zu finden. Und es ist auch genau so einfach, zumindest zu einem zentralen Punkt Venedigs zurück zu finden: der Rialto-Brücke. Leider befindet sich die gerade im Umbau und war deswegen nur halbseitig begehbar.

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PicsArt_08-26-04.47.34 PicsArt_08-26-04.43.58Ich habe versucht, die Brücke wiederzufinden auf der ich genau vor einem Jahr gestanden bin, meine Mutter hat damals ein Foto gemacht. Aber es war einfach unmöglich – zu viele Brücken und zu viele kleinen Gassen. Dafür habe ich etwas anderes gefunden, was mich in den nächsten beiden Jahren hoffentlich treu begleitet. Ich will eigentlich nicht mehr sagen, also nur so viel:

ab diesem Schuljahr bin ich nicht mehr „die mit dem offenen Schulranzen“ – nie wieder! 🙂

Schon alleine wegen dieser Entdeckung hat sich der Stopp gelohnt, aber auch wegen der Schifffahrt durch den „Canale grande“ und die schönen Stunden an seinem Ufer. Venedig ist einfach etwas ganz eigenes, und ich hoffe, noch ganz oft dahin zurückzukommen.

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Tut mir ja Leid für die verlassene Insel Torcello, aber wenn Venedig damals schon so schön war, verstehe ich die ausgewanderten Menschen auch irgendwie.

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Eigentlich wollten wir zum Abschied auch noch die Friedhofsinsel „St. Michele“ besuchen. Eine Insel voll mit Gräbern – mega spannend und aufrüttelnd finde ich. Wir fuhren in Venedig ab und entdeckten zwischen Venedig und St. Michele eine Statue im Meer, die zwei Menschen in einer Gondel Richtung St. Michele darstellte. So ist das, vom Leben zum Tod, und ich finde dass die Gondelfahrt dafür ein schönes Symbol ist. So traurig der Tod auch ist, ich finde es ist eine tröstliche Vorstellung dass er uns sanft in einer Gondel chauffiert, dahin – naja, wohin auch immer.

Und mit der Friedhofsbesichtigung wurde es auch nichts, der ist nämlich ab 16:00 Uhr geschlossen, merkt euch das falls ihr auch so einen Inseltrip plant! Wir haben uns im Timing jedenfalls grandios verschätzt und sind so direkt nach Punta Sabbioni zurück gefahren.

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Selbst diese Fahrt war nochmal ein besonderes Highlight, die Sonne ging nämlich gerade unter, und es war einfach wunder-wunderschön.

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Ich will hier nie wieder weg, wenn das doch nur möglich wäre. Meine Zeit hier läuft ab, und das merke ich wie jedes Jahr am deutlichsten an Beach on Fire, dem 12 Kilometer langen Feuerwerk, das sich heute Abend wieder an der Adria abspielt.

Es ist immer das Highlight des Urlaubs und ich freue mich schon.

Hoffe in Deutschland ist auch alles klarschiff- wir sehen uns 😉

Mein Name ist Tabitha Anna und ich bin 24 Jahre alt. Ich komme aus dem Süden von Baden-Württemberg und liebe es, zu lesen, zu schreiben und zu reisen. Seit Oktober 2019 studiere ich deutsche und italienische Sprach- und Literaturwissenschaft in Freiburg im Breisgau.