
Es war so ein Drama, ich war so oft kurz vor dem absoluten Wutausbruch, und mehr als einmal habe ich sie verflucht, diese Schule auf der nicht einmal ein Französisch-Leistungskurs zustande kommt. Wir haben auch nach Jahren des Kämpfens und Hoffens noch graue Wände, deren Denkmalschutz sie vor den Anstreich-Plänen übermütiger Fünftklässler bewahrt, und leider wurde auch der Traum vom Sofa niemals war.
Aber, wie Kraftklub so schön sagt, das alles ist schlussendlich egal, weil …wir die beste Schule auf der Welt besuchen.
Alle sagen immer, ohne Schule wäre alles so viel besser. Nur, ohne unsere Schule wären so viele coole Dinge in meinem Leben gar nicht erst passiert. Und damit ihr diesen sagenumwobenen, magischen Ort namens GymGam ein bisschen genauer kennenlernt, hier ein paar knallharte Fakten: das GymGam bedeutet „Gymnasium Gammertingen“, worauf sich schließen lässt, dass es a) ein allgemeinbildendes Gymnasium ist, und b) in der wunderschönen Kleinstadt Gammertingen steht. Weil das GymGam so cool ist, liegt es direkt in GTG-City, was bedeutet, dass sowohl die Döner-Oase als auch der EDEKA und die Eisdiele Mittagspause für Mittagspause unser Ziel ist. Leider liegt das GymGam auch an einem Fluss namens Lauchert, und leider existieren da auch zwei Brücken, was bedeutet, dass wir in den Sommermonaten jeden Sportunterricht mit Lauchertrunden gequält werden.
Krasses Feature unserer Schule ist der Trinkwasserbrunnen, der grundsätzlich alles und jeden nass spritzt, ein Getränkeautomat mit High-Quality-Wasser ( Aber wer kauft Wasser wenn daneben der Brunnen steht???), ein Kaffee-Automat, wer wenig bringt weil man den Becher nicht mit ins Klassenzimmer nehmen darf, und zu unser aller Freude auch ein „Donat-Automat“ , im Volksmund auch „der Automat“ genannt.
„Der Automat“ bietet Brezeln, Buttercroissants und Co an, wird Schuljahr für Schuljahr teurer und dreht sich ganz gerne mal ohne Grund, vorzugsweise, um bei Abendveranstaltungen die ganze Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Der Automat“ ist außerdem ein Verräter, manchmal sackt er einfach das Geld ein und kein Fach lässt sich öffnen. Ganz mies ist es auch, wenn man – in Gedanken schon bei der drohenden Mathearbeit in der 4. Stunde – eine leere Türe öffnet, und somit 1,80 Euro für Luft und Spott bezahlt hat. Wer dem Automat nicht über den Weg traut, definitiv aber am Verhungern ist, der geht nach draußen und entscheidet sich zwischen Kuchenverkauf (30 Sekunden Wartezeit, 50 Cent und viel zu viele Kalorien) und Schulbäcker (gefühlt 300 Stunden Wartezeit, kriegsähnliche Drängelzustände, körperliche Schäden in Form von Zerquetschungen und eine legendäre Pizzastange).
Die Schulleitung hatte vor langer langer Zeit die Idee, einen Stillarbeitsraum einzurichten. Dieser ist vermutlich der lauteste Raum der ganzen Schule, seit ihn sich diverse Mittelstufenklassen zu Eigen gemacht haben, um auf das Niveau der Oberstufe zu kommen, die den ganzen Tag im Oberstufenraum rumhängen können. Der Oberstufenraum ist ein strahlendes Plädoyer dafür, bis zur 11. Klasse durchzuhalten, und aus meiner Erfahrung heraus ist es auch da Einzige, worauf sich die Zehner vor Antritt der Kursstufe so richtig freuen. Für alle Unter- und Mittelstüfler ist er ein geheimes Reich, von dem ein Großteil der Schüler bis zur 9. Klasse noch nicht mal weiß, dass er existiert. Lehrer sind dort noch nie gesichtet worden, was dem Raum mit eigenem Balkon eine geschützte, exklusive Aura verleiht. Es gibt dort ein Waschbecken und die absolute Handyerlaubnis. Geheime Beobachter berichten aber von emotionalen Kartenspielen, kreativen Flyer-Verwertungen und wilden Fußball-Gefechten, bei denen auch gerne mal Plakate abgerissen ( und nie wieder aufgehängt) werden. Der Fußball wurde laut Zeugenaussagen von einigen höchst kriminellen Oberstüflern aus der Pausenspielkiste der Unterstufe entnommen.
Egal ob Fünft-, Siebt- oder Zwölftklässler, ertönt um 10:10 Uhr das gewohnte Ding-Dang-Dong, spielt sich alles soziale Leben in der Aula ab. An den hart erkämpften Aulatischen wird gegessen, gelästert, gelernt, Karten gespielt und eventuell auch mal geschlafen. Traumatisierte Schüler berichten auch manchmal von einem sogenannten Lebensmittel-Krieg, der sich über mehrere Tische hinweg ausgebreitet haben soll. Die Tatverdächtigen weisen jegliche Anschuldigungen zurück, mit der Begründung, sowas Peinliches würde ihnen nicht im Traum einfallen, und Tomaten seien schließlich zum Essen da.
Ganz verlassen ist das GymGam übrigens nie: hyperaktive Automaten, fleißige Putzfrauen und ehrgeizige Lehrer sind immer da, oder aber das Geistermädchen. Und wenn das nicht durch die Gänge geistert, dann tun es die Erinnerungen, die wir mit dem GymGam verbinden. Diese Schule gibt uns Raum, Erfahrungen zu sammeln, Kontakte zu knüpfen und Beziehungen zu pflegen. Das geht vor allem deswegen so gut, weil sich hier alle kennen. Die Schülerzahl ist überschaubar, was dafür sorgt, dass man nach einer gewissen Zeit jeden mindestens beim Namen kennt, und mit jedem irgendeine kleine Geschichte teilt.
Gestern war der Abiball des Abiturjahrgangs 2016, und ich hatte das große Glück, bedienen zu dürfen. Das war vermutlich das Einzig positive am Termin des Southside 2016 – ansonsten hatte das auch an unserer Schule sehr beliebte Festival ja wohl mehr als Pech. Dadurch, dass niemand ahnen konnte, dass am Samstagmittag alle Southside-Besucher wieder zuhause sein würden, wurden auch wir aus der Zehnten gefragt, ob wir beim Bedienen helfen wollen. Für mich bedeutete das in erster Linie: freier Eintritt zum Abiball 🙂 Aber das Bedienen an sich hat auch mega viel Spaß gemacht, die ganzen Abiturienten noch einmal zu sehen und mit den Elfern rumzuhängen. Gerade gestern Abend ist mir wieder ganz deutlich klar geworden, dass es die richtige Entscheidung war, auf dieser Schule zu bleiben. Damit will ich auf keinen Fall sagen, dass andere Schulen schlechter wären, und die Gründe wieso ich unsere Schule so cool finde, sind ja auch irgendwie dezent komisch ( Automat, Trinkwasserbrunnen ?! 😀 ) aber ich glaube so eine Atmosphäre und Schulgemeinschaft findet man selten.
Allein zu sehen wie sehr die Abiturienten ihren letzten gemeinsamen Abend genossen haben, war total bewegend. Auch wenn ihre Wege jetzt auseinander gehen und sich viele wohl nie mehr sehen werden, bleibt eine gewisse Verbundenheit, und ich will das in zwei Jahren auch erleben. Ich will auch auf dieser Bühne stehen, oder am Abistreich auf dem Schuldach, und dafür lohnt es sich, auch mal ein paar Rückschläge, wie zum Beispiel in meinen geliebten Naturwissenschaften einzustecken und zu überwinden.
Man hat allen einfach angemerkt, dass sie sich seit 8 Jahren oder länger kennen, und das könnte ich niemals haben, wenn ich die Schule gewechselt hätte.
Ich denke also es war wirklich richtig, auch wenn mir der Französisch-Unterricht garantieret jede Woche wie verrückt fehlen wird. Und ihr dürft euch dann mein Gejammer anhören – viel Spaß 😛